Die Mannschaft des 1. FC Heidenheim feiert den Klassenerhalt

Fußball | Bundesliga

Vom Underdog zum Favoritenschreck: Die überragende Saison des 1. FC Heidenheim

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Martin Thiel

Gemeinsam unkaputtbar! Der Underdog 1. FC Heidenheim stürmte in der vergangenen Saison sensationell auf Platz acht in der Bundesliga und darf auf die UEFA Conference League hoffen.

Sie feierten, als gäbe es kein Morgen. "Wir müssen den Moment genießen, wer weiß ob wir das wiederholen können" so Holger Sanwald, der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Heidenheim. Der Boss gab den Feierbefehl und der Heidenheimer Anhang hielt sich daran. Der Klassenerhalt wurde beim Fanfest bei der Arena mit Freibier, Party und Feuerwerk zum Volksfest.

Der 1. FC Heidenheim lebt seinen Traum

Heidenheim, der Aufsteiger, lebt mit Platz acht in der Bundesliga seinen Traum und darf sogar noch auf die Teilnahme an der Conference League hoffen. "Es gibt kaum Worte dafür" so Holger Sanwald.

"Ich bin so stolz wie wir uns in die Bundesliga reingearbeitet haben. Der achte Platz, es fehlen einem wirklich fast die Worte."

Trainer Frank Schmidt hatte schon vor Wochen gesagt: "Der Klassenerhalt ist fast noch besser als der Aufstieg". Der Coach war leider auch der Einzige, der am Samstag nicht mit feierte. Er erholt sich aktuell von einer Fußoperation. Dennoch bleibt festzuhalten: Der Klassenerhalt ist eine Leistung, die gleich hinter der Meisterschaft von Leverkusen und dem Einzug des VfB Stuttgart in die Champions League steht. Und Jetzt könnte sich Heidenheim sogar noch für die Conference Leauge qualifizieren, wenn Leverkusen gegen Zweitligist FCK am Samstag den DFB-Pokal gewinnt - und daran zweifelt eigentlich niemand.

"Bei allem Respekt vor Kaiserslautern, aber ich glaube, dass sich Leverkusen das nicht mehr nehmen lässt. Vizekusen war einmal."

Das i-Tüpfelchen auf einer unglaublichen Saison

Die Conference League wäre das i-Tüpfelchen auf einer unglaublichen Saison des Aufsteigers. Zwar wussten vor der Saison alle, dass Heidenheim Fußball spielen kann. Schließlich hat sich der Club von der Ostalb über Jahre nach oben gearbeitet. Und trotzdem fühlt sich der Klassenerhalt an wie ein Märchen, in dem die gute Fee dem Helden einen Wunsch erfüllt. Aber es gab keine Fee. Es gibt da aber einen Trainer Frank Schmidt und eine Mannschaft, die an sich glaubt und alles für den Erfolg tut.

Heidenheim hat sich den Klassenerhalt nicht nur erarbeitet, sondern verdient

Der Klassenerhalt wurde ohne die Hilfe einer Fee verwirklicht. Im Gegenteil: Die weitere Zugehörigkeit zur Bundesliga hat sich Heidenheim selbst erarbeitet und verdient. Und das nicht irgendwie auf den letzten Drücker, sondern souverän. Und jetzt freuen sich die Fans auf Europa.

"Jetzt haben wir Blut geleckt, Europa wir kommen!"

Am Ende steht also der achte Platz in der Bundesliga, danach hatte es zu Saisonbeginn nicht ausgesehen. Der Start in die Bundesliga war mit zwei unglücklichen Niederlagen holprig. Vor allem gegen Hoffenheim am zweiten Spieltag zahlte Schmidts Team Lehrgeld. Eine 2:0 Führung wurde aus der Hand gegeben und am Ende standen ein 2:3 und erstmal null Punkte. Ein Nackenschlag. Aber damit hatte man in Heidenheim gerechnet. Coach Schmidt verglich die Saison mit der Tour de France: "Es gibt 34 Etappen und du kannst jedesmal wieder etwas gewinnen!"

Heidenheim

Fußball | Meinung Der 1. FC Heidenheim hat mehr als nur den Klassenerhalt geschafft

Der 1. FC Heidenheim hatte in seinem ersten Bundesligajahr nie etwas mit dem Abstiegskampf zu tun. Am 34. Spieltag krönte der FCH seine Saison und darf von Europa träumen. SWR-Reporter Günther Schroth hat immer an das Team von der Ostalb geglaubt.

Stadion SWR1

Rückschläge wurden in Heidenheim einkalkuliert

Und so lernte der Underdog schnell dazu und setzte das erste Ausrufzeichen am dritten Spieltag. Ausgerechnet beim Vizemeister Borussia Dortmund gelang ein 2:2 und Heidenheim holte den ersten Bundesliga-Punkt. Der erste historische Sieg im Fußball-Oberhaus wurde am 17. September mit 4:2 gegen Werder Bremen gefeiert.

Eine Saison mit vielen historischen Momenten

Irgendwie war in dieser Phase der Saison alles historisch. Denn am gleichen Tag löste Frank Schmidt, der beim FCH mittlerweile mehr als 16 Jahre im Amt ist, den früheren Freiburger Trainer
Volker Finke als Rekordtrainer im deutschen Profifußball ab. "Eigentlich gibt es keinen Superlativ, um das zu beschreiben, was er hier geleistet hat", sagte Vorstandschef Sanwald. Bezeichnend war, das Schmidt dieses Dienstjubiläum nicht feiern wollte. Er sagte alle Pläne für eine Ehrung ab, wollte lieber den ersten Sieg und die ersten drei Punkte und bekam sie.

Die Zutaten zum Erfolg: Bodenständigkeit und harte Arbeit

Und es blieb nicht bei dem einen Dreier. Der Neuling mauserte sich vom Underdog zum Favoritenschreck und hat auch eine beachtliche Bilanz gegen die Clubs aus dem Ländle. Der spätere Vizemeister VfB Stuttgart wurde am 5. November mit 2:0 nach Hause geschickt und auch in den anderen Landesduellen schlugen sich die Heidenheimer beachtlich: Aus den insgesamt vier Partien gegen Stuttgart und den SC Freiburg holen sie acht von zwölf möglichen Punkten. Nur gegen die TSG Hoffenheim ist die Bilanz mit einer Niederlage und einem Unentschieden negativ.

Heidenheim war nie in Abstiegsgefahr

Heidenheim verstand es, die eigene Arena in eine Hochburg zu verwandeln und punktete auch auswärts. Mit dem 3:2 gegen Mitaufsteiger Darmstadt 98 startet der FCH am 9. Dezember eine Serie von acht Spielen ohne Niederlage. Sie ging erst am 17. Februar mit der 1:2-Heimniederlage gegen den Meister Bayer Leverkusen zu Ende. Heidenheim überwinterte als Tabellenneunter - eine Platzierung, die kaum jemand erwartet hatte. Der Vorsprung auf die Abstiegszone war bereits auf zehn Punkte angewachsen.

Mit viel Selbstvertrauen in die Rückrunde

Das Heidenheimer Selbstvertrauen wuchs von Spiel zu Spiel. Und Kapitel um Kapitel wurde dem Fußballmärchen hinzugefügt. Am 13. März wurde der Heidenheimer Mittelfeldflitzer Jan-Niklas Beste von Bundestrainer Julian Nagelsmann in den Kader für die Test-Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande berufen. Er wäre der erste Fußball-Nationalspieler aus Heidenheim gewesen. Doch wegen einer Adduktorenverletzung kam es dann doch nicht zum Debüt des 25-Jährigen.

Dafür wurden die Bayern geschlagen. Am 6. April drehte der FCH nach einem 0:2-Rückstand noch das Spiel und gewann mit 3:2. Die Münchner mussten damit endgültig die Meisterträume begraben. "Wer heute nicht auf die Piste geht, den schmeißen wir raus", sagte Coach Schmidt lachend und forderte seine Spieler zum Feiern auf. Feiern können sie in Heidenheim - aber erst nach getaner Arbeit. Mal schauen, wie das nächste Saison weiter geht.

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Martin Thiel