Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Stadt Nagold (Kreis Calw) haben gemeinsam die sogenannte Baumweg-App veröffentlicht. In der App wird die Geschichte von 25 Bäumen vorgestellt, die alle an markanten Orten in Nagold stehen. Das Besondere: jeder einzelne Baum erzählt seine Geschichte. Teils reichen die Erzählungen bis zu 200 Jahre zurück.
Baumweg-App in Nagold: Von Vulkanausbrüchen und Überschwemmungen
An einem viel befahrenen Kreisverkehr, direkt neben einem Friedhof, finden sich die Überreste der rund 200 Jahre alten Hungerlinde. Mehrere hundert Autofahrer kommen hier täglich vorbei. Die Geschichte des Baums kennen wohl die wenigsten. Auch deswegen hat Thomas Ebinger vom BUND die App ins Leben gerufen.
Denn die ehemalige Hungerlinde hat viel zu berichten. Dass sie gepflanzt wurde, hängt nämlich mit einem Vulkanausbruch zusammen. "Im Jahr 1815 ist in Indonesien ein Vulkan ausgebrochen, der zu einem Sommer ohne Sonne geführt hat, mit riesigen Missernten". Als es wieder die ersten großen Ernten gab, haben die Menschen damals aus Dankbarkeit diese Hungerlinde gepflanzt, so Ebinger.
25 Bäume erzählen ihre Geschichte in der App. Unter anderem auch eine Esche. Sie berichtet von ihrer Jugend in den 1920-er Jahren, als die Nagold noch ungezähmt war. Bei Hochwassern brachte sie tonnenweise Sand aus dem Schwarzwald. Auch ein 60 Jahre alter Mammutbaum im Stadtpark erzählt von regelmäßigen Überschwemmungen.
Vom Flyer zur Baumweg-App
Einen Baumweg durch Nagold, das gab es schon vor knapp 20 Jahren. Damals war das Projekt noch als Broschüre umgesetzt. Warum nicht einfach mit der Zeit gehen und das Projekt in eine App umwandeln, dachte sich Thomas Ebinger. Also ging er auf seinen Bekannten und Programmierer Karsten Lamprecht zu, um den Bäumen auf den Handys eine Extraportion Leben einzuhauchen.
Wie klingt ein Baum?
Das stellte Ebinger und Lamprecht vor eine neue Herausforderung: Wie sollen die Bäume sich anhören? "Wir haben gedacht, schauen wir mal nach Sprechern, die eine gewisse Bindung zu dem Thema haben", erklärt Lamprecht dem SWR. Also haben sie sich in Nagold nach passenden Stimmen umgehört.
Und so kommt es, dass beispielsweise der amerikanische Mammutbaum von einem Nagolder mit amerikanischen Wurzeln gesprochen wurde. Für das Chinesische Rotholz hat eine Nagolderin mit chinesischem Hintergrund eine passende Stimme. Und Karsten Lamprecht wurde zur Fichte: "Dass ich jetzt die Fichte gesprochen habe, hängt vielleicht damit zusammen, dass ich von eher dürrer Gestalt bin und ziemlich lang. Das passt ganz gut zur Fichte."
Bäume mit Geschichte schützen
Seine Fichte kann aber nur aus dem Jenseits sprechen. Vor einigen Jahren musste sie der Landesgartenschau weichen. Ihr Schicksal ist nun in der App verewigt.
Auch der Mammutbaum drohte wegen eines Fußgängerwegs gefällt zu werden. Letztlich blieb der Baum erhalten - dank des Flyers. Der Weg wurde versetzt. "Dieser Baum hat dem alten Nagolder Baumweg sein Leben zu verdanken", bekräftigt Thomas Ebinger.
Jetzt kann er im Stadtpark in Ruhe weiter wachsen. Insgesamt könnte der Baum bis zu 3.000 Jahre alt werden. Was der Baum über sein Leben in Nagold wohl noch so alles beobachten wird?