Filmkritik

Die Königin des Tabubruchs – Dokumentarfilm „Teaches of Peaches“ über die Ausnahmekünstlerin Peaches

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AUTOR/IN
Rüdiger Suchsland

Unter dem Künstlernamen Peaches wurde die Kanadierin Merrill Nisker um die Jahrtausendwende ein Weltstar. Bis heute gilt sie als Königin des Tabubruchs und der Selbstbestimmung. Der Dokumentarfilm „Teaches Of Peaches“ begleitet die Künstlerin auf ihrer Tournee 2022 und verschafft Einblicke in das Leben der Ausnahmekünstlerin.

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Musik gewordenes Empowerment

Die kanadische Künstlerin Peaches ist eine einzigartige Stimme in der Musik der Gegenwart. Für ihre Fans steht sie bis heute für Musik gewordenes Empowerment. Ihre Einzigartigkeit und ihr klischeehaftes Spiel mit Geschlecht und Sexualität findet nach wie vor Anklang bei einem Publikum, das sexueller Fluidität aufgeschlossen ist.  

Peaches_© Avanti Media Fiction
Der Dokumentarfilm der beiden Regisseure Philipp Fussenegger und Judy Landkammer begleitet die Musikerin auf ihrer „Teaches of Peaches“ Tournee 2022.

Film porträtiert die Künstlerin im Hier und jetzt

Das Filmmaterial, das die Künstlerin dabei zeigt, wie sie die Songs zum Leben erweckt, wirkt unmittelbar und authentisch. Es handelt sich nicht um einen Rückblick, sondern eher ein Porträt der Künstlerin in der Gegenwart und im Hier und Jetzt.

Peaches_© Avanti Media Fiction
Der Dokumentarfilm zeigt Peaches sowohl hinter den Kulissen als auch bei den Vorbereitungen für ihre Tournee.

Queere Ikone

Bei den Tournee-Proben ist Peaches albern wie immer. Sie wirbelt in bizarren Kostümen herum, während Perücken mit ihren Busenprothesen kontrastieren. Sie ist auch hier die queere Ikone, die das Publikum kennt und liebt.

In Interviews werden Tournee und Entstehungsgeschichte verknüpft. Es gibt Geschichten über ihre Anfänge und über die Freiheit, schräge, wütende und sexuell aufgeladene Musik zu machen. 

Peaches_© Avanti Media Fiction
Bei den Tour-Proben albert Peaches in bizarren Kostümen und Perrücken herum.

Musikalisches Aufstreben in der Elektro-Szene der 1990er

„Teaches of Peaches“ verortet die Künstlerin in der sich entwickelnden Electronic-Szene der 1990er Jahre, als Musiker herausfanden, wie sie über die synthetischen Innovationen der 1980er Jahre hinauskamen. Im Gegensatz zu einigen ihrer Vorgänger wirkt die Musik von Peaches jedoch nicht veraltet.

Peaches_© Avanti Media Fiction
Die Musikerin hatte in der Elektro-Zeit der 1990er ihren musikalischen Aufstieg.

Ironischer Umgang mit dem Älterwerden

Mit ihrem eigenen Alter geht Peaches ironisch um, macht sich über ihr Alter lustig, indem sie mit einer Gehhilfe auf die Bühne hüpft – dann aber ihr Oberteil auszieht und mit dem Publikum surft. Im Vergleich zur endlosen Flut von Musik-Dokumentarfilmen hebt sich der Film durch seine Einzigartigkeit von der Masse ab. 

Peaches_© Avanti Media Fiction
Peaches gibt ein Interview in der Badewanne.

Film zeigt die Lücken der Musikbranche auf

Gleichzeitig zeigen die Filmemacher eine Musikindustrie auf, die nicht wusste, was sie mit dem vorhandenen Talent anfangen sollte. Sie skizzieren das Versagen der Branche, unkonventionelle Stimmen zu vermarkten und zu unterstützen.

Wie das Album, das „Teaches of Peaches“ seinen Namen gibt, ist der Dokumentarfilm eine erfrischende Alternative zu langweiligen Konventionen des Musik-Dokumentarfilms.

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