Körper

Was passiert beim Schlafwandeln im Gehirn?

Stand
AUTOR/IN
Gábor Paál
Gábor Paál

Die Hirnforschung hat in den letzten Jahren ein paar interessante Dinge über das Schlafwandeln herausgefunden. Zum einen: Schlafwandeln ist kein „gelebter Traum“. Es gibt im Schlaf ja die Tiefschlaf- und die REM-Phasen (Rapid eye movement), wenn sich die Augen schnell bewegen. In der REM-Phase träumen wir. Aber: Schlafwandeln passiert, wenn, dann in der Tiefschlafphase oder allenfalls im Übergang vom Tiefschlaf zum Aufwachen. Nur deshalb ist Schlafwandeln überhaupt möglich.

Audio herunterladen ( | MP3)

Wenn wir träumen, sind fast alle Muskeln (bis auf die Augenmuskeln) gelähmt. Dadurch verhindert der Körper, dass wir Traumbewegungen in der Wirklichkeit umsetzen. In der Tiefschlafphase dagegen sind die Muskeln nicht gelähmt – deshalb können Leute dann auch aufstehen und schlafwandeln.

Auslöser des Schlafwandelns

Schlafforscher haben ein paar Auffälligkeiten im Gehirn von Schlafwandlern beobachtet. Schließt man Menschen an ein EEG an und misst die Hirnströme, dann ist der normale Tiefschlaf durch sogenannte „Deltawellen“ geprägt. Das sind gleichmäßige, langsame Frequenzen. Bei Schlafwandlern werden diese Deltawellen etwas unruhig und es mischen sich schnelle Frequenzen dazwischen. Einfach gesagt, geraten die Gehirnströme etwas aus dem Takt.

Zweite Auffälligkeit: Es gibt einige Regionen im Inneren des Gehirns, die im Tiefschlaf normalerweise nicht benötigt werden und deshalb relativ wenig aktiv sind. Dazu gehört auch der Thalamus, der bei der Verarbeitung von äußeren Reizen eine wichtige Rolle spielt. Und bei Schlafwandlern ist der eben doch aktiv.

Diese Befunde kann man etwa so deuten, dass Schlafwandeln ein Phänomen an der Grenze zwischen Tiefschlaf und Wachbewusstsein ist. Man kann es als ein unvollständiges Aufwachen interpretieren. Und tatsächlich verhalten sich die Betroffenen oberflächlich, als wären sie wach. Meist fängt es damit an, dass sie sich im Bett aufrichten. Sie können sinnvolle Sätze sagen. Sie können zum Kühlschrank gehen und sich etwas zu essen machen. Oder das Haus verlassen, was ja gefährlich sein kann. Bei Menschen, die gefährdet sind, ist es deshalb durchaus sinnvoll, Haus- und vor allem Balkontüren abzuschließen und den Schlüssel zu verstecken.

Phänomen triff am häufigsten bei Kindern auf

Nach Angaben des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie tritt das Phänomen übrigens am häufigsten bei Kindern zwischen dem 4. und 8. Lebensjahr auf, gar nicht so oft im Erwachsenenalter. Aber etwa jedes sechste Kind, heißt es, ist bis zum Alter von acht Jahren wenigstens einmal geschlafwandelt. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass sich in dieser Phase das Gehirn noch stark entwickelt.

Schlafstörungen: zwischen schlafen und wach sein

Es gibt auch andere, schwächere Varianten von Schlafstörungen, die ähnliche Ursachen haben. Das bekannteste ist das Zähneknirschen. Manche Leute schlagen auch um sich oder schrecken nachts auf und schreien. Das sind alles Schlafstörungen an dieser Grenze zwischen Schlafen und Wachsein, die Schlafforscher als Parasomnien bezeichnen. Und wenn es da gefährliche Formen annimmt, sollte man auch wirklich einen Arzt aufsuchen.

Dank an: Jürgen Zulley und Imke Franzmeier.

Derzeit gefragt

Pflanzen Wie bekommt man die Ackerwinde aus dem Garten?

Gegen die Ackerwinde kann man im Ökogarten eigentlich nichts machen. Was vielleicht hilft ist, Stinkenden Storchschnabel daneben zu pflanzen, denn der vertreibt die Ackerwinde. Von Heike Boomgaarden

Ornithologie In welchen Abständen legen Meisen ihre Eier?

Eine Blaumeise kann bis zu 12 Eier legen – jeden Tag eins. Trotzdem schlüpfen die Jungen alle gleichzeitig, denn gebrütet wird erst, wenn das Gelege vollständig ist. Von Hans-Heiner Bergmann

Religion Enthält der Koran eine Aufforderung, Nicht-Muslime zu töten?

Ich will Sie nicht beunruhigen, aber: Ja. Es steht im Koran. Es steht aber auch in der Bibel "Aug um Auge, Zahn um Zahn". Von Lamya Kaddor

Ornithologie Dient das Vogelnest nur zum Brüten oder auch als Schlafplatz?

Im Allgemeinen wird das Nest nur zur Brut benutzt. Einige Arten wie etwa der Höhlenbrüter übernachten auch nach der Brut in der Höhle. Aber sonst ist das Nest nur dazu da, um zu brüten und die Jungen aufzuziehen. Von Claus König

Ornithologie Benutzen Blaumeisen das Nest vom Vorjahr oder bauen sie neu?

Das alte Nest, so wie es ist, wird nie mehr direkt benutzt, sondern die Vögel bauen ein neues Nestchen darüber. Von Claus König

Alltagsphänomene Warum dreht sich der Uhrzeiger rechts herum?

Die Sonnenuhr diente als Vorbild für unsere Uhren. Doch wäre die Uhr auf der Südhalbkugel erfunden worden, würden sich die Zeiger heute andersherum drehen. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Tiere Überlebt eine Weinbergschnecke, wenn man versehentlich ihr Haus zertritt?

Das Haus einer Schnecke ist mit ihrem Körper verwachsen. Darum kann eine Weinbergschnecke nicht ohne Haus überleben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.