Gespräch

Doku „Ernstfall – Regieren am Limit“ zeigt eine Politik der Atemlosigkeit

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MODERATOR/IN
Martin Gramlich
INTERVIEW
Stephan Lamby

„Ich konnte die Regierung dabei beobachten, wie sie über Jahrzehnte feststehende Grundsätze über Bord geworfen hat“, sagt der Dokumentarfilmer Stephan Lamby, der die Bundesregierung fast zwei Jahre mit der Kamera begleitet hat. Seine ARD-Doku „Ernstfall – Regieren am Limit“ zeigt, wie sehr der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Koalition belastet hat.

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Körperliche und geistige Belastungsproben

Stephan Lamby wollte eigentlich einen ganz anderen Film machen, als er im Dezember 2021 anfing, die neue Bundesregierung mit der Kamera zu begleiten. Nämlich darüber, wie diese das Land in Richtung Klimaneutralität umbauen würde.

Stattdessen passierte der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Im Moment der vielbeschworenen Zeitenwende beobachtete Lamby, wie die Regierung über Jahrzehnte feststehende Grundsätze über Bord geworfen hat: Waffen wurden in ein Kriegsgebiet geliefert, Kohlekraftwerke am Leben erhalten, Schulden aufgenommen.

Lambys Film zeige, mit welcher Atemlosigkeit in dieser Zeit Politik gemacht werden müsse. „Ich war innerhalb weniger Tage mit dem Kanzler in Peking, mit dem Vizekanzler in Singapur, das sind ewig lange Flüge. Man ist kurz zuhause, dann geht’s wieder los“, sagt Lamby. Sowohl körperlich als auch geistig sei das eine Herausforderung.

Im zweiten Regierungsjahr brach Streit aus

„Insbesondere das erste Jahr war eine unglaubliche Herausforderung für die Regierung“, sagt Lamby, denn innerhalb weniger Tage habe eine neue Außen-, Sicherheits- und Energiepolitik entworfen werden müssen. Das habe die Regierung insgesamt gut hinbekommen. Im Gegensatz dazu habe man sich im zweiten Jahr vor allem mit sich selbst beschäftigt. Dann brachen die großen Streitereien aus. Somit fällt Lambys Bilanz zur Halbzeit durchwachsen aus.

Ein verlorenes Jahrzehnt

Neben seinem Dokumentarfilm hat Stephan Lamby auch ein Buch mit dem gleichen Namen veröffentlicht, in dem er die Frage stellt, wie wir in Zukunft auf unsere Zeit zurückblicken werden. Lambys These: Wir werden nicht von den Goldenen Zwanzigern, sondern von den Verlorenen Zwanzigern sprechen.

„Das Wissen über die globalen Herausforderungen durch den Klimawandel sei vorhanden. Die wichtigen Akteure handeln aber nicht konsequent genug, um das Ruder herum zu reißen.“

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